Fischerei des Hoch- und Spätmittelalters

Fischerei im Hoch und Spätmittelalter

Als Berufsfischer wohne ich in Schleswigs alter Fischersiedlung Holm. Diese ist seit dem 12. Jahrhundert datierbar, urkundlich erstmals erwähnt wird der Holm 1285.

Schleswigs ältestes Fischereirechts entstand in der Zeit zwischen 1188 und 1202 . Dort wird wurde im lateinisch geschriebenen Stadtrecht erwähnt, dass die Schlei dem König gehört und den Fischern das Recht zugestanden wurde, frei mit der Wade in der ganzen Schlei zu fischen. Auch gibt es in Schleswig aus dieser Zeit das erste schriftlich fixierte Fischereigesetz.

„Die Fischer mögen frei fischen, auf der ganzen Schlei, und das Waden – Reep auf das Land setzen, so weit, als man aus dem Schiff mit einem Ruder werfen kann, und die Fischer sollen nicht ziehen mit der Krockwat ( = Zugnetz) auf Pfingsten ohne Erlaubniß vom Rath.“
Zitat aus Jahnke, Städtische und freie Markt – Fischerei, Seite 290 § 71

Die Erwähnung „ohne Erlaubniß vom Rath“ zeigt, dass die Fischereirechte zu dieser Zeit bereits vom König der Stadt Schleswig übergeben worden waren. (J. Rathjen, 2005)

Etwa 50 Jahre nach der Ersterwähnung des ältesten Schleswiger Fischereirechtes stammt auch die Erwähnung der Auffindung der Leiche des dänischen Königs Erich Ploegpenning im Jahre 1250 durch Fischer bei Missunde.

König Erich Ploegpenning wurde auf Anordnung seines Bruders Herzog Abel durch dessen Ritter ermordet und enthauptet in der Schlei versenkt. An dem Ort der Auffindung der Leiche des toten Königs wurde ein Holzkreuz errichtet. Auch heute noch ist dieser Ort ist bei den Holmer Fischern als Wadenzug „Zum finsteren Stern“ bekannt.

Im späten 15. Jahrhundert wird die Fischerei in Schleswig wieder erwähnt.

Um 1480 hatte es wiederholt Konflikte zwischen den Schleswiger Fischern und dem Adel gegeben.So beraubte der Adlige Otto Sehestedt den Schleswiger Fischer Olef Stapelholm seines Fanges. Obwohl Fischer Stapelholm den ersten Fisch vom Fang und und die von Sehestedt verlangte Menge Fisch gegeben hatte, zwang der Adlige den Fischer mit vorgehaltenen Armbrüsten in den Händen seiner Knechte zur Herausgabe seines gesamten Fanges. Junker Pavel Breide, ein anderer Adliger, beraubte Olef Stapelholm später, nachdem dieser auf der Füsinger Au gefischt hatte.Es half Fischer Stapelholm auch nicht, Junker Breide den besten Lachs des Fanges anzubieten. Pavel Breide war es auch, welcher den Fischer des Bürgers Drewes Schwertfeger beraubte. An die Fischer richtete Junker Breide die Drohung, allen den Fang wegzunehmen und die Netze zu zerstören, welche „sein Noor“ befischten.

Zusätzlich zu den Übergriffen des Adels wurde die Schleswiger Fischerei durch Heringszäune behindert, welche Großgrundbesitzer, Adel und Kirche errichten ließen. Diese Fischzäune in Form von Pfahlreihen blockierten die gemeinschaftlich mit der Wade (Zugnetz) ausgeübte Fischerei.

So beschwerte sich der Rat der Stadt Schleswig in einem Klageschreiben bei König Christian Ι. und Königin Dorothea von Dänemark. Am 28. September 1480 erteilte daraufhin der König den Schleswiger Fischern das alleinige Privileg, die Schlei zu befischen. Dieses Fischereirecht beinhaltete die Fischerei auf der gesamten Schlei von Schleswig bis eine Meile hinter Schleimünde. Ausdrücklich verbot der König auch die Behinderung der Fischerei durch Zäune und Pfähle.

Angelfischerei

Es gibt einige mittelalterliche Abbildungen von Anglern. Den Luxus, die Angelei zum reinen Zeitvertreib zu betreiben, konnte sich im Mittelalter nur die Oberschicht leisten. In diesem Fall wurde meist mit der Rute geangelt, neben Ködern wie Wurm, Insektenlarven, Fisch und Brot wurden auch aus Federn gefertigte Fliegen benutzt.

Die Angelhaken des Mittelalters bestanden meist aus Bronze und Eisendraht. Die Formen und Größen variieren enorm, je nach Fischart, Fanggebiet und eingesetzter Angelmethode.

us dem 11. Jahrhundert stammt ein Angelhakenfund aus Schleswig mit einem eingearbeiteten Wirbel im Hakenschaft. Die Angelgeräte der Berufs und Nebenerwerbsfischer unterschieden sich erheblich von dem der meist adligen „Freizeitangler“. Berufsfischer verwendeten Langleinen und Legeangeln. Diese bestanden aus zahlreichen Angelhaken, deren Vorfächer in gleichmäßigen Abstand an die Angelleine angebunden waren.Am Grund als „Grundangel“ eingesetzt, kennt man sie als Aalschnüre, fing so aber auch Hechte und Barsche.

Als Treibangel oder Schwebeangeln mit Auftriebskörpern wie bei einem Flottreep eines Netzes fing man Forellen und Hechte. In der Küstenfischerei legte man auch Grundangeln auf Butt aus.Vom treibenden Boot aus fischte man auf See mit Langleinen auf Dorsche, Makrelen und andere Seefische.

Während der Fischer die Haspel mit der Leine auf der einen Seite hält, ist am anderen Ende ein Gewicht aus Stein, Keramik oder Blei angebracht.

Ein besonderes Angelgerät ist die Stab oder Querangel. Querangeln sind vermutlich die ältesten Angelgeräte. Im hohen und späten Mittelalter wurden sie zumeist aus Stahl gefertigt. Auch gab es in Norwegen sogar im Mittelalter noch hölzerne Querangeln, welche bei einigen Kulturen bis in das 20. Jahrhundert verwandt wurden. Eine Querangel ist ein an beiden Seiten zugespitzter Stab (deshalb auch Stabangel genannt), welcher in der Mitte auf verschiedene Weise angebunden wurde.

Häufig wurden Stabangeln zum Hechtfang verwendet, dabei konnten sie bis über 14 cm lang sein.Der Stab wurde zum Beispiel in einen toten oder lebenden Köderfisch gesteckt, so das dieser im Fisch verborgen ist. Biss ein Hecht an, so dreht er den Fisch im Maul und schluckt diese vermeintliche Beute den Kopf voran, hinunter. Beim Anschlagen (Blockieren der ablaufenden Angelleine) stellt sich die Querangel im Maul oder Schlund des Fisches quer und dringt dort ein.

Manessische Bilderhandschrift

Angelhaken mit Wirbel, sie könnten Teile einer Aalschnur gewesen sein

Speer und Harpunenfischerei

Die Fischspeere des Hoch- und Spätmittelalters konnten eine oder zwei Spitzen haben, oftmals aber 3 – 7 Spitzen oder sogar mehr.

Mehrzinkige eiserne Fischspeere wurden zwar schon in der Eisenzeit, der Römerzeit und im Frühmittelalter verwendet, doch sind die Fischspeere ab dem Hochmittelalter wesentlich massiver gearbeitet als ihre älteren Vorgänger. An eine Tülle sind ein Querstab mit den angenieteten Spitzen festgenietet. Der Schaft eines Fischspeeres konnte 3 – 4 Meter lang sein. Mit dem Fischspeeren fing man im Binnenland Lachse, Hechte, Forellen, in der Schweiz auch die „Groppe“.

In der Küstenfischerei fing man mit Fischspeeren auch Butt, der bis zu 9-zinkige „Preg“ wurde an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste noch im 20. Jahrhundert zum Buttfang eingesetzt.

Eine Sonderform des Fischsperes ist die Lyster. Waren die eisernen frühmittelalterlichen Lystern noch zierlich, so fallen auch diese ab dem Hochmittelalter schwerer aus.

Mit der Lyster wird am Gewässergrund im Schlamm ohne Sicht auf den Fisch gefischt. Im Winter wurde die Lyster sogar unter dem Eis gebraucht. Mit der Lyster lässt sich der Aal fangen, welcher zwischen flachen Metallstäben, den so genannten Schalmen, eingeklemmt wird. Gelegentlich waren die Schalmen auch gezahnt oder spießten den Aal auf einen Dorn in ihrer Mitte auf.

Harpunen sind ebenso wie die Fischspeere sehr alte Fanggeräte.

An dem spindelförmigen Schaft der Harpune ist eine Spitze mit Widerhaken befestigt, welche sich nach dem Treffer löst und in der Beute stecken bleibt. Die Widerhaken sollen verhindern, das sich die Spitze aus der Beute löst . Über eine Fangleine wird Kontakt zur Beute gehalten.

Mit der Harpune wurden größere Fische ebenso wie Meeressäuger (Wale und Robben) gefangen.

Nächtliches Fischstechen

Lachsfang mit Speer / Räucherei

Aallyster

Fischzäune

Die altbewährten Fischzäune wurden im Hoch und Spätmittelalter meist aus dichten Reihen von angespitzten Holzstäben gefertigt, welche in den Gewässergrund getrieben wurden. Auch wurden dichte Geflechte eingesetzt.

Fischzäune blockieren ganze Gewässerabschnitte für wandernde Fische. Trichterförmig zulaufend, ist am Ende des Fischzaunes eine Fangkammer oder eine Reuse angebracht. In flachen Gewässern wurden Fischzäune auch aus Steinen gelegt. Größere Fischzäune erfordern viel Pflege bei ihrer Unterhaltung , winterlicher Eisgang kann schwere Schäden verursachen.

Unterhalten wurden die Fischzäune nicht nur von Fischern, sondern auch vom Adel und Klöstern. Mit besonders großen Fischzäunen, den Heringszäunen, damals „Hamerzäune“ genannt, fing man an der Ostseeküste Heringe. Aus dem ausgehenden Mittelalter wird berichtet, das Fischzäune auch an Bauern verpachtet wurden. Kurz nach 1500 wurden während der Heringssaison zinspflichtige Bauern des Bistums Schleswig auch zur einmaligen Fischerei an den bischöflichen Hamerzäunen verpflichtet.

Gefangen wurden mit den unterschiedlichen Fischzäunen des Mittelalters auch andere Wanderfische wie Lachs, Meerforelle, aber auch Hechte, Zander, Quappen etc.

Eine Sonderform der Fischzäune ist die „Buhne“, mit der noch bis in die 1950er Jahre des 20. Jh. vor allen Aale und Butt gefangen wurden. Das komplizierte Fangsystem der Buhne wurde im Rhythmus der Tiden kontrolliert. Die in Europa bereits seit der Mittelsteinzeit nachweisbare Fischerei mit dem Fischzaun kam in Nordeuropa während der 2. Hälfte des 20 Jh. weitgehend zum Erliegen. Von diesen ehemals weit verbreiteten Fanganlagen ist in der Schlei bei Kappeln noch ein Fischzaun erhalten.

Korb- und Garnreusen

Bis weit in das Hochmittelalter hinein waren nur aus hölzernen Zweigen geflochtene Reusen bekannt. Die ursprünglichste Form sind die zwirngebundenen Reusen welche der Archäologie bereits aus Funden der Mittelsteinzeit bekannt sind.

Rohmaterialien für geflochtene Reusen waren lange Weidenzweige, Haselzweige, Hartriegelzweige. Die Zwirnung wurde zum Beispiel mit dünnen Weidenzweigen, Weidenrinde, Waldrebenranken oder Lindenbast geflochten.

Ab der Jungsteinzeit um 3300 v. Chr (Horgener Kultur) lassen sich dann auch die in Zäunungstechnik gefertigten flaschenförmigen Korbreusen nachweisen (ältester Nachweis Steckborn-Schanz-Bodenseeraum). Diese bereits in der Vorgeschichte perfekt entwickelten Fanggeräte haben sich bis über das Ende des Mittelalters hinaus kaum verändert.

Ab dem späten Hochmittelalter kommt dann die Garnreuse, auch„Bären“ genannt, dazu. Das in der Schweiz und in Teilen Süddeutschlands gebräuchliche Wort „Bären“ leitet sich von dem lateinischen Wort „PERA“ für Sack ab. Das ältere Wort „Reuse „stammt aus der keltischen Sprache. Im Mittelalter wurden auch andere sackförmige Fanggeräte „Bären“ genannt, so zum Beispiel Kescher (Schöpfbär) und Senknetze (Hebebär). Oftmals wurden Reusen in Verbindung mit einem Fischzaun eingesetzt.

Das bewährte Grundprinzip der Reuse ist, das der Fisch durch einen trichterförmigen Eingang zwar hinein gelangt, den Ausweg durch die schmale Eingangskehle aber nicht mehr findet.

Die älteste, mir bisher bekannte Abbildung einer Garnreuse zeigt das Mendelsche Hausbuch aus dem Jahr 1426. Im Vordergrund steht ein Fischer mit einem aus einer großen Astgabel gefertigten Keschern, im Hintergrund hängen an einem Stab links eine hölzerne zwirngebundene hölzerne Reuse, rechts eine kleinere Garnreuse.

Bundgarnreuse

Kescher

Viele Fischerabbildungen zeigen auch die damals gebräuchlichen Kescher. Auch liegen archäologische Funde von Kescherfragmenten vor. Kescher wurden im Mittelalter zumeist aus Astgabeln gefertigt. Den Abschluss zur Astgabel bildete entweder ein quer eingesetztes Brett oder eine halbrunde Holzrute aus einem Ast, welche an den Bügel angebunden wurde.

Auf Abbildungen werden auch T-förmige Kescher gezeigt, bei dem ein Querbrett in den Stiel gesteckt wurde (Streichhamen).

Für die Stabilität sorgt eine halbkreisförmig gebogene Holzrute,welche mit ihren beiden Enden in das Querbrett eingesteckt wurde. Auch ist diese Holzrute am Stil angebunden.

Die Kescherstiele konnten sehr unterschiedlich lang ausfallen und variierten vom kurzen Astgabelstil eines Handkeschers bis zum langen Stil eines Stoß oder Streichhamens (auch Storrbären genannt). Mittelalterliche Bilder zeigen zuweilen Fischer beim fischen mit dem Kescher auch zu zweit.

Im Haus zum unteren Maierhof in Zürich zeigt eine Wandmalerei einen Fischer und eine Fischerin, welche mit einer Trampe oder einem Stock Fische in den bereitgehaltenen Kescher des Partners scheucht.

Abbildungen oder Funde von Keschern mit eisernen Bügeln sind mir aus dem Mittelalter nicht bekannt. Abbildungen von Metallbügeln kenne ich erst aus dem 19. Jahrhundert. Selbst im frühen 20. Jahrhundert waren bis über die 30er Jahre hinaus noch Kescher aus Astgabeln neben den Keschern mit Eisenbügeln in Gebrauch.

Im Buch Fischerei in Schleswig Holstein – Bilddokumente zur Fischerei von Horst Schübeler sind zahlreiche Abbildungen hölzerner Astgabelkescher aus dieser Zeit zu sehen.

Lachsfang mit Kescher

Ein ähnliches Bild aus Kaiser Maximilians І. Fischereihandbuch. Auf diesem Bild fischen zwei Fischer mit dem Streichhamen und der Trampe.

Netzfischen

Wurfnetze und Senknetze

Bereits in der Antike kamen Wurfnetze und Senknetze zum Einsatz. Beides sind aktive Fanggeräte, was bedeutet das sie zum Fang vom Fischer bewegt (geworfen oder gehoben) werden müssen. Ein Wurfnetz besteht aus einem rund gestrickten Netz mit einem Metallring in der Netzmitte.

Wird es geworfen, bildet sich durch eine schwunghafte Kreisbewegung des Fischers eine Art fliegender Teller, der flächig auf das Wasser fällt. Durch den Metallring wird die Bleileine über Zugleinen zu einem Sack zusammengezogen. Zugnetze benötigen eine schwere, rasch sinkende Bleileine , um schnell auf den Grund zu gelangen, damit die die Fische unter dem Netz nicht mehr flüchten können.

Dem Wurfnetz entgegengesetzt funktioniert das Senknetz, auch „Hebebär“ genannt. Das Senknetz ist ein viereckiges, mittels Holzstäben über Kreuz gespanntes Netz. Dieses wird auf den Gewässergrund gesenkt. Befinden sich Fische darüber, so wird es ruckartig über eine Zugleine angehoben, welche dort angebunden ist, wo sich die Spreizstäbe kreuzen. Die Fische, welche über dem Netz schwammen, liegen nun auf dem Netz. Wurf und Senknetze wurden sowohl in der Binnen- als auch in der Küstenfischerei sowie in der Teichwirtschaft eingesetzt.

Teichwirtschaft mit dem Senknetz

Zugnetze (Waden)

Bereits auf römischen Fischereiabbildungen häufig dargestellt, war die Wade auch im Hoch und Spätmittelalter eines der wichtigsten Fanggeräte. Die Römer nannten ihr Zugnetz „SAGENA“, davon leiten sich das schweizerische Wort „Segi“ für Zugnetz und das in den Niederlanden und am Niederrhein gebräuchliche Wort „Zegen“ab.

Ein Lachszugnetz hieß am Niederrhein noch im 20. Jahrhundert „Salmzegen“. Auf plattdeutsch hieß dieses Netz auch „et Sägen“ oder Woi für Wade. In Schleswig wird die Wadenfischerei im ältesten Fischereigesetz, entstanden um das Jahr 1200, erwähnt.

An der Schlei haben heute „Wadenzuge“ (Fischereigebiete für die Zugnetzfischerei) noch Namen, welche die Fischerkollegen schon im späten Hochmittelalter kannten.

Ein Beispiel dafür ist der Wadenzug „zum finsteren Stern“bei Missunde an der Schlei (Siehe Mittelalterliche Fischerei in Schleswig). Die Wade ist ein aktives Fanggerät. Wadenfischerei wurde im Mittelalter von einem Boot aus, mit zwei Booten oder ohne Boot unter dem Eis eines zugefrorenen Gewässers betrieben.

Im Winter wurde die Wade mit dem Schlitten zu den Eislöchern für den Wadenzug geschafft.

Zur Wadenfischerei im Hoch- und Spätmittelalter gibt es auch einige zeitgenössische bildliche Belege, sowohl von der Fischerei vom Boot aus als auch mit der Winterwade unter dem Eis.

Die Wade besteht aus zwei Netzflügeln, welche zur Mitte tiefer werden. In der Mitte zwischen den Flügeln der Wade ist oft ein Hamen (Haam = Plattdeutsch für Fangsack oder Hamen) An den Enden der beiden Netzflügel befindet sich jeweils der Stülp, ein etwa 1 Meter langer Holzstab, an welchen die Zugleinen, das sogenannte Wadenreep befestigt sind.

Zugnetzfischerei

Hier eine Beschreibung für einen Fischzug mit der Wade von einem Boot aus

Am Fangplatz (Wadenzug) angekommen, wird an einer flachen Stelle, zum Beispiel am Ufer, ein Anker geworfen. Dann fährt das Fischerboot in das tiefere Wasser und legt eine mit dem Anker verbundene Leine, das Wadenreep, aus. Parallel zum Ufer oder der Flachstelle wird im tieferen Wasser die Wade in gerader Linie ausgelegt.

Zunächst der an das Wadenreep angebundene Stülp und der damit verbundene Wadenflügel, an der tiefsten Stelle der Hamen, dann der nächste Wadenflügel und wieder der Stülp. Ist das Netz ausgelegt, dann fährt das Boot zurück zu der Stelle, wo zu Beginn des Fischzuges der Anker geworfen wurde. Auch dabei wird vom Stülp ausgehend ein zweites Wadenreep ausgebracht.

Am Ankerplatz angekommen, wird das Boot vor Anker gelegt und dann holen die auf dem Boot befindlichen Fischer die Wade ein. Zunächst wird in gleichmässiger Geschwindigkeit das Wadenreep an beiden Flügeln eingeholt, wobei eine U-förmige Netzbucht entsteht, in welcher die beiden Flügel der Wade die Fische im Wadenzug einschliessen.

Dann werden vom Stülp aus die beiden Flügel der Wade eingeholt, wobei die eingeschlossenen Fische versuchen, in das tiefere Wasser zu flüchten. Es gibt Waden mit und ohne Hamen (Haam) wobei sich auch bei einer Wade ohne Hamen ein Beutel bildet, in welchem sich zum Schluss die Fische sammeln.

Entweder wird nun der Haam mit den Fischen an Bord gezogen oder die Fische werden aus dem Netz gekeschert. Mit grossen Waden konnte man Flächen von einem bis mehreren Hektar Grösse bei einem Fischzug befischen. Oftmals waren acht und mehr Fischer an der Fanggemeinschaft mit einer Wade beteiligt. Wurde dieses grosse Zugnetz repariert, so wurde es auseinander getrennt und jeder Fischer bekam seinen Teil des Netzes zur Reparatur.

Die jeweiligen Netzstücke, für die die jeweiligen Fischer verantwortlich waren, trugen oft Markierungen. Kleine Waden (sog. Streichgarne) kamen auch in der im ausgehenden Mittelalter aufblühenden Teichwirtschaft zum Einsatz. Mit anderen Waden wurden im Binnenland langsam fliessende Flüsse, Seen und Teiche befischt. An der Küste wurden mit großen Waden zuweilen ganze Buchten und Gewässererabschnitte abgefischt.

Mit der Wade lassen sich z.B. Aale, Butt, Heringe, Barsche, Hechte, Maränen, in der Flussfischerei aber auch Lachse und Meerforellen (z.B.Niederrhein „Zegenfischerei“ auf Salm) befischen.

Am Ostseefjord „Schlei“war die Wade das wichtigste und bevorzugte Fanggerät der Fischer vom Schleswiger Holm. Die gemeinschaftlich betriebene Wadenfischerei hatte nicht nur in der Schlewiger Fischerei Vorrechte vor der Individualfischerei mit Reusen und Stellnetzen, sondern auch in den überlieferten mittelalterlichen Fischereigesetzen im Binnenland.

Zugnetzfischerei unter dem Eis

Stellnetze (Kiemennetze)

Seit der Jungsteinzeit ist die Fischerei mit dem Stellnetz durch Funde belegt. Schwimmer- und Senkerfunde der Mittelsteinzeit deuten darauf hin, dass das Stellnetz aber auch noch wesentlich älter sein kann.

Das Stellnetz ist ein langes rechteckiges Netz, in welchem die Fische sich beim durchschwimmen verfangen. Von den Fischen werden Stellnetze beim durchschwimmen vermutlich nur als harmlose Wasserpflanzen wahrgenommen. Stellnetze werden aus feinstem gezwirnten Garn gefertigt, schon die Stellnetze der Jungsteinzeit bestanden aus Netzgarnen von z.T. weniger als 1 mm Stärke. Bei Fischern ist auch heute noch der Spruch bekannt: „Fein fischt“.

Nach der Art des erhofften Fanges richtet sich auch die vom Fischer ausgewählte Maschenweite des eingesetzten Netzes. Zum Beispiel Hering, Plötze und kleine Maräne ca. 30 mm, Barsch 40 mm, Hecht und Lachs 50 – 60 mm, Butt 60-70 mm, Brassen 70 mm und größer. Von den mittelalterlichen Stellnetzen sind heute auch meist nur noch die Flotten und Senker erhalten. Über die Flotten steht das Stellnetz wie eine Wand im Wasser.

Flotten (Schwimmer) bestanden häufig aus Pappelborke, Pappelholz, Kiefernborke, Birkenrindenrollen oder gebündelten Rohrkolbenstengeln. Senker bestanden häufig aus Röllchen aus aufgerollten Bleiblech oder durchlochten Bleistücken, aber auch aus gekerbten Steinen, Flintsteinen mit Loch (sogenannten Hühnergöttern) und aus Keramik.

Slawische Fischer verwendeten an der Ostseeküste zudem auch flache, gelochte Keramiksenker mit eingeprägten Eignermarken. Auch wurden in einigen Ländern entlang der Ostsee noch Netzsenker in vorgeschichtlicher Form, bestehend aus einem flachen Stein, welche in einem Holzring mit Rinde ein geflochten ist, verwendet.

Diese urtümlichen und bereits seit der Mittelsteinzeit verwendeten Netzsenker eigneten sich perfekt für weitmaschige Stellnetze und verhinderten, das diese Senker durch die Netzmaschen fallen und das Netz verwirren. In einigen Ostseeländern (Baltikum) wurden solche Senker noch im 20. Jahrhundert in der volkskundlichen Fischerei verwendet.

Ein Stellnetz wird gestrickt

Rohstoffe für Stellnetze waren feine Zwirngarne aus Leinen (Flachs), Hanf und Brennnessel. Die Unterleine des Stellnetzes wurde zuweilen auch aus Pferdeschweifhaar gefertigt. Die Haltbarkeit dieser Netze war bei täglichen Gebrauch nur auf 1 – 2 Jahre beschränkt. Die Maschen wurden mit Maßbrett und Netznadel zumeist wohl mit dem bereits seit 8000 v.Chr. nachgewiesenen Filetknoten (Schotstek) oder auch dem ebenso alten Kreuzknoten gefertigt.

Eine spezielle Art des Stellnetzfischens ist die Fischerei mit der Trampe. Die Trampe (plattdeutsch „Plutscher“ oder „Plutscherstange“) ist ein langer Holzstab mit einer hölzernen Scheibe, Kugel oder einer Art Besen am Ende. Mit dieser Stange wird in das Wasser geschlagen und die aufgescheuchten Fische in die Netz getrieben. So kann auch mit dem passiven Fanggerät Stellnetz aktiv gefischt werden.

Beim Hechtfang mit der Trampe wird beispielsweise das Stellnetz dicht entlang der Schilfkante ausgelegt. Vom Boot aus wird dann mit der Trampe direkt an der Schilfkante in das Wasser geschlagen. Die im Schilf versteckt lauernden Hechte flüchten dabei in das tiefere Wasser, direkt in das ausgelegte Netz. Stellnetze kamen an der Küste und im Binnenland in vielfältigen Variationen zum Einsatz

Netznadel 14. bis 15. Jahrhundert

Schlaghaken und Schlöpf

Schlaghaken

Schlaghaken sind seit der Mittel und Jungsteinzeit archäologisch überliefert. Ab der Eisenzeit sind auch eiserne Schlaghaken verwendet worden. Die eisernen Haken wurden entweder wurden entweder an einen Holzschaft angebunden oder mit einer ausgeschmiedeten Tülle auf den Schaft aufgesteckt.Schlaghaken kamen entweder im Frühjahr während der Laichzeit der Hechte zum Einsatz oder wurden als Gaff zum Landen eines größeren Fische aus einem Netz, an der Angel etc. verwendet.

Bei der Hechtfischerei mit dem Schlaghaken wurden die laichenden Fische damit im untiefen Wasser ruckartig gehakt und aus dem Wasser gezogen.

Schlöpf

Schlöpf nennt man eine Schlinge aus planzlichen oder tierischen Fasern (Leinen, Hanf, Pferdeschweifhaar.

Auf einer einer gekerbten Astgabel aufgespannt oder einem an der Spitze durchlochten Holzstab, wird diese Schlinge ebenfalls im Frühjahr in der Hechtfischerei eingesetzt. Es gehört einige Übung und Fingerspitzengefühl dazu, dem Hecht die Schlinge überziehen und diese im richtigen Moment zum Fang zusammenzuziehen.

Schlaghaken

Giftfischerei und Fische „dröhnen“

Giftfischerei

Mittelalterliche Texte erwähnen die Fischerei mit vergifteten Ködern, beispielsweise in Teigform. Als Gifte wurden das schwarze Bilsenkraut und der Kokkelstrauch genannt.Der Fisch verendet dabei oder wird zumindest durch die Alkaloidwirkung der Wirkstoffe betäubt und braucht nur eingesammelt zu werden.

Bilsenkraut war mindestens seit der Antike als stark wirksames Medikament, Betäubungsmittel, berauschende Wein- oder Bierzutat und als berauschendes Räuchermittel gebräuchlich.

Noch drastischer für die Fische war der erwähnte Einsatz von Kalk, Salpetersäure und Schwermetallen wie dem hochgiftigen Quecksilber. Bei Berufsfischern schon im Mittelalter verpönt, wurden solche Praktiken, welche Gewässer nachhaltig durch die Tötung des gesamten Fischbestandes schädigen, im 16 Jahrhundert verboten. Schließlich konnte der Einsatz solcher Mittel Berufsfischer durch die Auslöschung der bewirtschafteten Bestände ihrer Existenzgrundlage entziehen.

Siehe „Fisch und Fischer aus zwei Jahrtausenden“, Heide Hüster Plogmann , Forschungen in Augst Seite 128)

Dröhnen

Unter dem Eis wurden im Winter Fische „gedröhnt“. Vorzugsweise wurden damit Hechte gefangen. Wichtigste Werkzeuge dabei waren die Eisaxt und eine Holzkeule oder Holzhammer. Unter dem Eis wird der Beutefisch im klaren Wasser gesucht, dann wird mit großer Wucht mit dem Holzhammer oder einem stabilen Axtrücken auf das Eis geschlagen. Die Druckwelle betäubt den darunter befindlichen Fisch, welcher nun nach dem Öffnen der Eisdecke benommen herausgefischt werden kann.

Das „Hechte dröhnen“ lässt sich den Funden zufolge schon im kleinen See beim germanischen Opferheiligtum von Niederdorla in der Eisenzeit/röm. Kaiserzeit nachweisen. Dort wurden im Seebereich hölzerne Keulen gefunden, welche vermutlich zu diesem Zweck benutzt wurden.

Bilsenkraut

Fische dröhnen unter Eis

Aquakultur

Erstmals im 2.Jh. vor Chr. wird die Fischhaltung und Aufzucht in Italien durch Bauern in künstlichen Fischteichen erwähnt. Im 1. Jh. vor Chr. spricht Columella dann bereits von Fischzucht in Form natürlicher Vermehrung. Etwa zum Anfang des 1.Jh.v.Chr.begannen Angehörige der römischen Oberschicht mit der kommerziellen Zucht von Meeresfischen in mariner Aquakultur. Auch im Mittelalter dienten Fischteiche zunächst wohl oft der Fischhälterung, wobei ab dem Hochmittelalter aus Saarbrücken (11 Jh.) die ältesten Reste von Zuchtkarpfen vorliegen.

Aus Frankreich ist der Bau von Mehrteichanlagen zur Zucht von Brassen ab dem 11. Jh. nachgewiesen. Von Frankreich breitete sich die Fischzucht in Mehrteichanlagen dann nach Osten aus. Da die Getreidepreise im Spätmittelalter infolge des Bevölkerungsrückganges durch die Pest einbrachen, war die Verfütterung von Getreide an Fische nun wirtschaftlich.

Auch bestand eine hohe Nachfrage nach frischen Fisch. So expandierte die Teichwirtschaft im ausgehenden Mittelalter. Teichgüter wurden von kirchlichen und weltlichen Grundbesitzern angelegt. Klöster profitierten an diesem Wirtschaftszweig und oft waren es Äbte, welche Fischteiche anlegen ließen.

Manchmal bestanden mittelalterliche Teichanlagen aus neun und mehr Teichen und hatten eine Größe von über 10 Hektar. Teiche hatten Zu- und Abläufe und oft versorgten ganze Kanalsysteme die einzelnen Teiche. In den unterschiedlichen Teichen befanden sich die Karpfen der unterschiedlichen Grössen.Die Teiche konnten auch über das Entfernen von Staubrettern am Ablauf abgelassen werden.

3-teilige Teichwirtschaft

Zur Vermehrung säte man in einem abgelassenen Teich (auch „Mutterteich“ genannt) Gras oder Getreide aus und staute das Wasser. Dann wurden die Elterntiere eingesetzt, welche im Frühsommer bei Temperaturen ab 20 °C laichten. Daraufhin wurden die Elterntiere wieder abgefischt. Die Brut blieb nun für ein Jahr in dem Teich, bis sie in den Streckteich umgesetzt wurde. Später kamen sie bis zur Vermarktung in den Setzteich.

Im Streckteich bereits gelegentlich gemeinsam mit Schleien gehalten, wurden zu den Karpfen in den Setzteich bis zur Vermarktung teilweise auch Hechte eingesetzt. Die Hechte sollten in den Setzteichen Brut und Kleinfische als Nahrungskonkurrenz der Speisekarpfen reduzieren. Im Alter von 3 Sommern wurde der Karpfen zum Teil gemeinsam mit den Hechten vermarktet

Fischhandel

Im Hoch- und Spätmittelalter herrschte ein reger Handel mit Fisch und „Fischkonserven“. Selbst in küstennahen Städten finden sich neben den Überresten der vor Ort gefangenen Fische auch Spuren von Fischen, welche von auswärts eingeführt wurden .

So stammten nach Auswertung der Grätenfunde beispielsweise nur etwa 50 % der im Hoch- und Spätmittelalters in Schleswig an der Schlei verzehrten Fische aus dem angrenzenden Ostseefjord „Schlei“, der andere Teil kam überwiegend aus der Ostsee und Nordsee.

Selbst in Haithabu, Schleswigs wikingerzeitlicher Vorgängerstadt am Südufer der Schlei, wurden bereits Fische aus den Netzen auswärtiger Fischer verzehrt. Unter den Fischüberresten in Haithabu fanden sich so auch Nachweise für folgende , nicht im Brackwasser der Schlei beheimatete Fischarten:

Knorpelfische

  • Heringshai
  • Dornhai
  • Sternrochen
  • Stör

Knochenfische

  • Makrele
  • Heilbutt
  • Köhler
  • großer Lengfisch
  • Kabeljau aus dem Nordatlantik (Dorsche aus dem Ostseebestand kommen gelegentlich auch in der Schlei vor)

Fischkonserven

Da frischer Fisch nur begrenzt transportfähig ist, wurde der überwiegende Teil der Fische als Salz- und Stockfischkonserve transportiert. Salzheringe wurden geschlachtet und, nach Güteklassen aufgeteilt, in Transportfässern mit hölzernen Fassbändern in Salz geschichtet und gehandelt.So erreichten Ostseeheringe nicht nur das Rheinland, sondern wurden auch in das Alpenland und sogar in das Mittelmeergebiet exportiert. Salzheringe und Stockfische waren auch Handelsgut der Hanse.

Noch während des Transportes der Heringsfässer zum Endverbraucher wurden die Salzheringe umgeschichtet, verdorbene Fische entfernt und frisches Salz zugefügt.

Salzheringe einfacher Qualität waren mindestens 6 Monate ohne nennenswerten Qualitätsverlust haltbar, Salzheringe guter Qualität sogar bis zu 24 Monate. Vor dem Verkauf an den Endverbraucher wässerten die Fischhändler zumeist ihre Ware, da es durch die Salzkonservierung zu einem erheblichen Flüssigkeitsentzug und somit Gewichtsverlust der Fische kam.

Kabeljau wurde in Skandinavien nach der Verarbeitung (Schlachten und Säubern) auf Trockengerüsten an der Luft getrocknet und als „Stockfisch“ gehandelt. Stockfisch aus Norwegen kam so auch in die mittelalterliche italienische Küche.

Im Gegensatz zu Salz- und Trockenfisch eignete sich Räucherfisch aufgrund seiner auf wenige Tage begrenzten Haltbarkeit eher nur zu der Versorgung lokaler Märkte.

Lebende Fische wurden auf dem Wasserweg in Bünnen (auch Hütefasser oder plattdeutsch „Hüfat“ genannt) gehältert und transportiert.

Schon aus der Römerzeit sind aus den Niederlanden Fischbünnen in Form von abgedeckten Einbäumen mit zur Belüftung durchbohrten Bordwänden bekannt.

Slawische Fischer der späten Wikingerzeit verwendeten in Polen spezielle Einbäume mit wasserdurchfluteter Fischbünn, wie ein auf das frühe 11.Jh. datierter Fund aus Szczecin zeigt (Siehe Fischereifahrzeuge). Der Fang konnte so lebendig von den jeweiligen Fanggründen bis zum Fischhälter des Fischers oder zum Verkauf tansportiert werden.

Auf dem Landweg wurden lebende Fische auch in Fässern auf dem Wagen oder zu Pferde transportiert.

Fischgeschäfte und Marktstände

Es gibt einige mittelalterliche Bilder von Marktständen und Läden der Fischhändler (oder auch der Fischer?).

So gibt es beispielsweise Abbildungen von Marktständen aus dem Brüssel des Jahres 1415, Konstanz 1414-1418 oder gar eines Fischgeschäftes aus der Zeit um 1390 aus Norditalien.

Teilweise wurde der konservierte Fisch direkt aus den Transportfässern verkauft. Frischfisch wurde dem mittelalterlichen Fischkunden in der Auslage auch in mit Laub ausgelegten Körben präsentiert. Der Fischpreis richtete sich nach Fischart und Gewicht, es kamen sowohl gleicharmige Waagen mit Gewichten wie auch einarmige Schnellwaagen zum Einsatz.

Fisch und Ernährungsgebote

Auch aufgrund kirchlicher Ernährungsgebote (Fastenzeit) bestand im Mittelalter eine hohe Nachfrage nach Fisch. Dieses trieb in der Fastenzeit manchmal skurrile Blüten. So wurde der als wohlschmeckende Delikatesse beliebte Biber als Nagetier kurzerhand zum Fisch erklärt, da er ja eine Schwanzflosse hat. So konnten fromme Feinschmecker in der Fastenzeit bedenkenlos den „Fisch“ namens Biber genießen. Für den Biber hatte dies in England zur Folge, das er um 1500 ausgerottet wurde.

Fischerzünfte im Mittelalter

Die Zünfte als politische Interessensvertretung der darin organisierten Berufe haben ihren Ursprung im Italien des 10 Jahrhunderts. Ab dem 13. Jahrhundert werden in Deutschland erstmals Fischerzünfte urkundlich erwähnt, 1279 in Würzburg und 1282 in Schweinfurt. In der Schweiz stammen die ältesten Zunfturkunden der Fischerzünfte aus dem Jahre 1336 (Zürich) und 1342 (Bern)

In den Stadträten der mittelalterlichen Städte waren die jeweiligen Zünfte der unterschiedlichen Berufe mit Angehörigen aus der entsprechenden Zunft vertreten. Als berufliche Interessensvertretung bestimmten die Zünfte die Zahl der Betriebe und die Vorraussetzungen zur Berufsausübung.

Fischereigesetze

Fischerzünfte beeinflussten auch die Gesetzgebung rund um den Fischerberuf. Sie bestimmten Schonzeiten, Mindestmaße, Maschenweiten, erlaubte und verbotene Fanggeräte.Auch Regeln für den Umgang der Fischer untereinander wurden erarbeitet.So zum Beispiel der Vorrang der gemeinschaftlich betriebenen Zugnetzfischerei vor der individuellen Netz- und Reusenfischerei oder der Abstand zwischen den jeweiligen Fanggeräten der einzelnen Fischer an den Fangplätzen.

Qualitätssicherung wurde durch die Marktaufsicht geregelt, an der auch die Zünfte beteiligt waren. Für den Verkauf auf den Märkten waren nur frische oder entsprechend gut konservierte Fische zulassen.

Gegenseitiger Beistand

Die Zünfte standen in Not geratenen Mitgliedern bei Krankheiten und Unfällen bei. Auch an den Beerdigungen von Kollegen waren Zunftfischer beteiligt. Die Handwerksordnung der Fischerzunft von Zürich aus dem Jahre 1336 verpflichtet Fischer zur Teilnahme an der Beerdigung von Kollegen. Sargträger wurden von dem Zunftmeister bestimmt (Urs Amacher, Geschichte der Fischer und Fischerei im Mittelalter, Forschungen in Augst, Band 39, Seite 103). Fischer nahmen auch gemeinsam an Gottesdiensten und Prozessionen teil.

Stadtverteidigung

Im Kriegszeiten zogen die Zünfte gemeinsam in den Krieg. Die Führung der Mannschaften aus den Reihen der Zunftmitglieder übernahmen die Zunftmeister. Nach Zünften aufgeteilt, wurden auch die jeweiligen Abschnitte der Stadtmauern für die Stadtverteidigung besetzt.
Urs Amacher, Geschichte der Fischer und Fischerei im Mittelalter, Forschungen in Augst, Band 39, Seite 102 + 103

Fischereifahrzeuge des Mittelalters

Über die im Hoch,- und Spätmittelalter eingesetzten Fischereifahrzeuge gibt es archäologisch eher spärliche Informationen.

Einbäume

In der Binnenfischerei wurden vielfach oft weiterhin der bewährte Einbaum eingesetzt. Die meisten Einbaumfunde des Mittelalter unterscheiden sich kaum von den Einbäumen der vorrausgegangenen Zeitepochen. Doch hier gibt es eine bemerkenswerte Ausnahme.

Ein besonders interessantes spätmittelalterliches Fischereifahrzeug ist ein im Šlivni- See in Polen gefundener und auf das Jahr 1361 datierter Einbaum. Bei diesem etwa 5 Meter langen Einbaum des 14. Jahrhunderts ist in der Bootsmitte eine durch 2 Schotts in Bordwandhöhe gebildete „Bünn“ (Hälter für lebende Fische) ausgearbeitet.

Zur Versorgung mit sauerstoffreichen Frischwasser ist die Bordwand in der Bünn an beiden Bordseiten etwa auf Höhe des Tiefgangs durchbohrt.Wie eckige Aussparungen auf der Oberkante der Bünnschotts zeigen, wurde diese Bünn wohl durch einen (oder 2 verschiebbare) Deckel verschlossen, der (oder die) passgenau das Herausspringen der Fische verhinderte.

Der Einbaum vom Šlivni- See steht bereits für eine Tradition des Baus von Fischereieinbäumen mit Bünn im Ostseeraum.Bereits slawische Fischer der späten Wikingerzeit verwendeten Einbäume mit wasserdurchfluteter Fischbünn, wie ein auf das frühe 11.Jh. datierter Fund in Szczecin zeigt.

Da Einbäume nicht sonderlich tief im Wasser liegen, wird die ca. 100 x 45 cm breite und nur etwa 35 cm große Bünn maximal zu einem Drittel der Bünntiefe mit Wasser geflutet gewesen sein. Während dieser Umstand ein Problem auch für die kurzfristige Hälterung hochrückiger und größerer Fische bedeutet, ist in einer solchen Bünn die Hälterung von Aalen während der Fangfahrt problemlos möglich.

Bis zum Verkauf konnte der Fischer seinen Fang dann in einem Hälternetz oder Fischgehege lebend aufbewahren. Für Fischhälter gibt es auch zeitgenössische bildliche Belege sowie Funde aus dem Frühmittelalter. Heute haben viele Fischereifahrzeuge (auch mein Fischerboot Schle 6) eine solche Bünn. Wie ich erfuhr, liegt auch aus Niedersachsen der Fund eines ähnlichen Einbaumes, datiert auf das 12./13. Jahrhundert vor. Leider fehlen mir zu der Beschreibung dieses Bootes noch detaillierte Informationen.

Wurden Einbäume zumeist mit dem Paddel fortbewegt oder gestakt, so gibt es einen auf das Spätmittelalter/ frühe Neuzeit datierten Fund eines sehr breiten Einbaumes aus der Elbe, in dessen Bordwänden (Material Eiche) sich Dollborde mit Bohrlöchern befinden.

Der Einbaum vom Šlivni-See

Einbäume mit aufgesetzten Planken

Über das Mittelalter hinaus wurden bis in die Neuzeit auch aufgeplankte Einbäume verwendet. Hierbei wurden in dem Einbaum Spanten eingesetzt, an welchen zusätzliche Planken mit Holznägeln oder Nieten angesetzt wurden. Einbäume mit aufgesetzten Planken gab es bereits seit der Eisenzeit. Ausgrabungen in Polen zeigen die verschiedenen Breiten dieser Fahrzeuge.

Währende ein kleiner aufgeplankter Einbaum aus Kolobrzeg (datiert auf nach 1325 n.Chr.) eine Breite von knapp über einem Meter hat, hat ein Schiffsfund aus Elblag (datiert auf 1500 n.Chr.) eine Breite von über 4,5 Metern. Bei dem Boot von Kolobrzeg ist nur ein Plankengang angesetzt worden, bei dem Schiffsfund von Elblag sind es schon 3 Plankengänge. Bei einem Besuch von Freunden in Ghana filmte mein Vater solche Boote 1994 noch im Einsatz.

Während sich der Einsatz eines einfachen Einbaumes meist auf Binnengewässer beschränkt, sind diese Boote in den 90er Jahren des 20 Jh. in der Küstenfischerei an der Goldküste noch als Fischereifahrzeuge verbreitet gewesen. Durch höhere Bordwände und eine größere Breite sind diese Fischerboote stabil genug für die Bedingungen der Fischerei an der Atlantikküste.

Verplankte Fischereifahrzeuge

Hier gibt es Abbildungen und Funde unterschiedlicher möglicher Fischereifahrzeuge. Die Formen unterschieden sich je nach Region, Einsatzgebiet und Fischereitechnik. Sie konnten von einfachen prahmähnlichen Fahrzeugen für den Einsatz auf Binnenseen und Flüssen bis zum seetauglichen besegelten Schiff variieren. Im skandinavischen Raum wurden kleinere Fahrzeuge über das Mittelalter hinaus bis in die Neuzeit in ähnlicher Form wie bereits im Frühmittelalter gebaut.

So erinnern selbst im 19. Jahrhundert noch einige Fischereifahrzeuge aus Norwegen an die Fahrzeuge der Wikingerzeit. Ab dem Hochmittelalter kommt dann als Neuerung im Boots- und Schiffsbau das Heckruder hinzu, die älteste Abbildung eines Schiffes mit Heckruder findet sich auf dem Taufbecken der Kathedrale von Winchester aus der Zeit um 1180 n Chr. Der älteste archäologische Nachweis des Heckruders ist das Kalmar-Schiff Nr.1 aus der Zeit um 1250 (Schweden). Die archäologische Fundlage von nachweisbaren Fischereifahrzeugen ist leider allgemein für das Hoch,- und Spätmittelalter sehr dürftig. Zudem müssen die überlieferten zeitgenössischen Abbildungen mit einiger Vorsicht interpretiert werden.

Literaturtipp zur mittelalterlichen Fischerei

Hier möchte ich das Buch „Fisch und Fischer aus zweit Jahrtausenden“, Forschungen in Augst, Band 39 von Heide Hüster Plogmann empfehlen.

Aus meiner Sicht als Berufsfischer ist diese Schweizer Veröffentlichung eine der besten und ausführlichsten Veröffentlichungen zur Fischereigeschichte in deutscher Sprache.

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