Fischerei der Steinzeit
Steinzeitliche Fischereitechniken vom Paläolithikum bis zum späten Neolithikum
Ausgehend von der Altsteinzeit (Paläolithikum) über die mittlere Steinzeit (Mesolithikum) bis zur Jungsteinzeit (Neolithikum) findet eine stetige Entwicklung der Fischereitechniken statt, sodass am Ende der Jungsteinzeit bereits die meisten Fischereigeräte existierten, welche auch heute noch in der Berufsfischerei gebräuchlich sind.
Natürlich hatte jede Region in Europa ihre eigenen Entwicklungen und Ausprägungen, so das ich mich hier auf eine allgemeine Übersicht beschränken möchte. Fischereigerät findet sich bereits in den archäologischen Funden des späten Paläolithikums in Form von Angelgeräten, Harpunen und Fischspeeren.
Die ältesten Fischspeerspitzen waren zunächst mit einer einreihigen Widerhakenreihe versehen, manche Spitzen waren sogar glatt. Fischspeere und Harpunen im Paläolithikum aus Knochen und Horn erhielten dann im Laufe der Entwicklung 1- 2 Widerhakenreihen. Besonders verbreitet waren einreihige Fischspeerspitzen mit konvex-konkarven Zähnen, welche vom Jungpaläolithikum bis zur spätjungsteinzeitlichen Glockenbecherkultur verwendet wurden.
Es gab ein- und mehrspitzige Fischspeere, welche z.B. mit Baumbastgarnen wie Lindenbast oder anderen Pflanzenfasern, z.B. Brennnessel am Schaft befestigt wurden. Es wird sicherlich auch sehr viele Speere mit Holzspitzen gegeben haben, wie sie aus späteren Zeiten der Vorgeschichte erhalten sind. Bei den fischenden Kulturen auf den verschiedenen Kontinenten waren solche Fanggeräte oft weit entfernt voneinander in ähnlicher Art in Gebrauch.
Speer und Harpune
Harpunen und Fischspeere wurden seit dem Paläolithikum in verschiedener Formen durch alle Phasen der Steinzeit verwendet. Verwendete Materialien waren Holz, Knochen, Geweih, Stein., zum Binden der Spitze von Fischspeeren oder für die Fangleine einer Harpune Baumbaste und andere Pflanzenfasern
Beim Fischspeer sind die Spitze (oder die Spitzen) fest mit dem Schaft verbunden. Mit dem Speer werden zumeist kleinere Fische vom Ufer oder Einbaum aus gestochen Der Fisch wird dabei vom Speer durchbohrt und geborgen (siehe Gaff oder Schlaghaken).
Harpunen wurden vor allen zur Fischerei auf größere Fische wie Hecht und Wels eingesetzt. An der Küste jagte man damit auch Meeressäuger wie Robben oder gar Schweinswale. Bei der Harpune sind die Spitzen nur lose am Schaft befestigt.
Die Schäfte werden wohl meist spindelförmig gewesen sein, um gute Wurfeigenschaften zu besitzen.
Von dem Gewicht der Harpune und von der Wucht des Wurfes hängt das sichere und ausreichend tiefe Eindringen der Spitze in den Fisch oder Meeressäuger ab.
Dabei löst sich die Spitze vom Schaft und die Verbindung zur Beute wird über eine Leine gehalten. Widerhaken sollten verhindern, das die Spitze sich aus dem Fleisch des Fisches löst.
Es gab und gibt Harpunen (auch heute noch in der volkskundlichen Fischerei vieler Völker) mit einer Handleine und sich lösenden Schaft ebenso wie mit einer Leine, welche die Spitze mit der Mitte des Schaftes verbindet und den Fisch an der Flucht hindert, indem sich der Schaft bei der Flucht querstellt. Es gab Harpunen mit am Fuß durchbohrter Spitze und Harpunen, bei denen die Fangleine an einer Verdickung oder Einkerbung um den Fuß der Spitze angebunden ist.
Die Lyster
Ein besonderes sehr spezialisiertes Fanggerät im nördliche Europa war die Lyster.
Diese wurde alleine an 2 Fundorten in Deutschland (Rosenhof und Siggeneben) in über 100 erhaltenen Exemplaren nachgewiesen. Dieser im Mesolithikum häufig verbreitete Fischspeer wurde ausschließlich zum Aalfang verwendet.
An einem langem Holzschaft befinden sich 2 hölzerne, auswärts gebogenen Spitze auch Schalmen genannt. Diese Schalmen sind aus Hartholz wie Schlehe oder Weißdorn gefertigt worden. Dabei wurde ein gebogenes oder leicht S-förmiges Stück Hartholz in der Mitte gespalten, wobei 2 gleichförmige Hälften entstehen. Nach der Bearbeitung werden diese beiden Schalmen an den entgegen liegenden Seiten der Spitze mit halben Schlägen angebunden, das diese noch leicht federn können. In der Mitte zwischen den Schalmen über dem Schaftende ist eine Öffnung, in welcher sich wiederum ein Dorn aus Knochen im Schaft befestigt sein konnte.
Mit der Lyster wurde meist ohne Sicht in den schlammigen Grund eines Gewässers gestochen, wobei Aale in die Aussparung zwischen den flexiblen hölzernen Schalmen eingeklemmt und gegebenenfalls auf den Dorn aufgespießt wurden.In der volkskundlichen Fischerei wurde die Lyster, allerdings aus Eisen, noch bis in das 20 Jahrhundert verwendet.
Mit diesem perfekt entwickelten Fanggerät ließen sich Aale vor allen im Winter in der Winterstarre unter dem Eis am Grund erbeuten. Die jüngste Lyster in Norddeutschland, welche mir aus der Jungsteinzeit bekannt ist, stammt aus der Grube Siggeneben im Kreis Ostholstein. Die Datierung dieses Fundes ist um 3200 v. Chr.
Im Laufe der Jungsteinzeit verschwindet die Lyster dann aus dem Fundgut und taucht erst ab der Eisenzeit in beinahe gleicher Form (Material Eisen) wieder auf. Vermutlich war die Ausübung der Reusenfischerei im Neolithikum so verbreitet, das die Fischerei mit der Lyster dem gegenüber an Bedeutung verlor. Archäologische Hinweise auf die Lysterfischerei im späten Neolithikum und der Bronzezeit sind mir bislang nicht bekannt.
Fang- und Landegeräte wie Gaff oder Schlaghaken und Kescher
Aus Brandenburg ist aus dem Pritzerber See im Havelland ein großes, hakenförmiges Objekt aus Geweih geborgen worden. Bei einer Länge von 20,4 cm beträgt die Distanz zwischen Spitze und Hakenschenkel 5,4 cm. Der Haken hat an der Spitze keinen Widerhaken, am Ende des Schaftes war aber eine 6 mm große Bohrung. Die Datierung des Objektes ist jungpaläolithisch bis frühmesolithisch.
Die Deutung als Angelhaken sehe ich eher als unwahrscheinlich an, von der Form erinnert diese umso mehr an einen Gaffhaken. Zumal eindeutige Gaffhaken in der gleichen Form aus der späteren Bronze- und Eisenzeit aus Holz, Bronze und Eisen nachgewiesen sind. Selbst für räuberische Großfische Fische wie den Hecht wäre ein solcher Angelhaken überdimensioniert, wenngleich vorgeschichtliche Stabangeln für Hechte auch bisweilen bis 14 cm Länge messen konnten. Aber kein Hecht bedarf einer 6 mm dicken Angelschnur.
Aus jüngeren vorgeschichtlichen Funden (Niederdorla – Eisenzeit) sind zahlreiche hölzerne Schlaghaken aus Hasel und Weißdorn bekannt. Auch hölzerne Schlaghaken werden zu Hechtfang oder als Landehaken verbreitet gewesen sein.
Das Gaff oder der Schlaghaken konnte 2 Funktionen haben:
- Einerseits konnte mit dem spitzen Geweih oder Holzhaken am Holzstil ein Fisch, welcher mit einem anderen Fanggerät gefangen wurde, einhakt und geborgen werden.(z.B. Fisch an der Angel oder am Speer). In dieser Funktion kommt der Gaffhaken auch heute noch in der Fischerei zum Einsatz.
- Andererseits ist der Schlaghaken als aktives Fanggerät Jahrtausende lang in der Hechtfischerei eingesetzt worden. Wenn die Hechte vom Februar bis Ende April zum Laichen in das flache Wasser im überschwemmten Uferbereich schwimmen, waren sie mit dem Schlaghaken eine leichte Beute.
Man konnte sich im flachen Wasser den in dieser Jahreszeit unvorsichtigen Hechten leicht nähern, den Haken an der Fisch heranführen und dann ruckartig in das Fleisch oder in die Kiemen reißen oder schlagen und den Fisch so an Land oder in das Boot ziehen.
Für den Kescher in seiner vielfachen Form fehlt mir sowohl aus dem Paläolithikum, dem Mesolithikum als auch dem Neolithikum ein eindeutiger Nachweis (Teile des Holzbügels, z.B. aus einer Astgabel).
Bei der Herstellung von Keschernetzen werden die Netze oft rund gestrickt, wobei ein sich verjüngender Netzbeutel mit Knoten in jeweils gleicher Richtung entsteht. Fragmente von Netzen dieser Herstellungstechnik fanden sich zum Beispiel in Hornstaad. Sowohl die knotenlosen Netze aus Brandenburg wie auch die feinmaschigen Bastnetze aus gröberen Lindenbastgarn aus den Pfahlbaufunden würden sich für die Herstellung von Keschernetzen eignen. Bei feinmaschigen Netzen aus gröberen Bastzwirn stellt beispielsweise die Verschiebbarkeit der Netzmaschen beim sogenannten „Pfahlbauknoten“ kein größeres Problem mehr da, würde dieses als Keschernetz verwendet.
Die erhaltenen Netzfragmente mit dem verschiebbaren Pfahlbauknoten als Herstellungstechnik konnten, ähnlich wie bei Haarnetzen , mit 5 mm Maschenweite zuweilen sehr feinaschig sein . Neben einer möglichen Verwendung als Zugnetzsack oder als mögliche Reusenstücke eingesetzt, wären diese Netzfragmente auch zur Verwendung als Keschernetz geeignet. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch archäologische Funde von Holzbügeln mit angeschlagenen Netzgarn aus dem Baltikum. Neben den nachgewiesenen Reusenfragmenten könnten einige Fundstücke auch Fragmente von Keschern sein.
Im Allgemeinen gehe ich davon aus, das der seit der Bronzezeit in Ägypten bildlich belegte Kescher wohl auch bereits im Neolithikum bekannt war.
Stell- und Zugnetze
Richtige Fischernetze sind in Europa seit der Mittelsteinzeit (Mesolithikum) nachweisbar. Verschiedene Autoren erwähnen geknüpfte Pflanzenfasern bereits im mittleren Jungpaläolithikum, welche Bestandteile von Fischernetzen gewesen sein könnten (Adovasio, Hyland und Sofer 1997, Sofer 2000G).
Das älteste Netz mit dem heute noch meistgebräuchlichen Filetknoten (einfacher Schotstek) findet sich in Israel bereits um 8000 vor unserer Zeitrechnung in der Höhle Nahal Hemar in der judäischen Wüste.
Gebräuchlich war bei den Funden in Nahal Hemar zufolge vor rund 10.000 Jahren auch der Kreuzknoten.
Die dort nachgewiesenen Netze bestanden ebenso wie die wesentlich jüngeren Netze der neolithischen Fischer in der Bodenseeregion aus Flachszwirn in sZ gedrehter Richtung. Die Beschaffenheit der Netzgarne der neolithischen Fischernetze der Pfahlbauzeit in Süddeutschland und der Schweiz ist im Vergleich mit den älteren israelischen Funden übereinstimmend.
Der Grund, warum die Spinnrichtung der Netzgarne der Spinnrichtung der Gewebe jener Zeit entgegengesetzt ist, wird mit der Herstellungstechnik der Netze in Zusammenhang gebracht. Fischernetzgarne, die wie Webgarne versponnen sind, würden sich bei der Handarbeit mit der pfriemartigen, im Neolithikum nachgewiesenen Netznadel aus einer Geweihsprosse aufdrehen.
Es gibt einen Hinweis im Werk „LA PREHISTORIE DE LA PECHE“ von Jean Jacues Clevet -Merle, 1990 auf die Verwendung von Zungennetznadeln in der Bronzezeit. Der Autor zeigt dort auf Seite 144 ein Fragment, welches in le Fort Harouard, Eure et Loire in Frankreich gefunden wurde.
Das mit Kreisaugenbohrungen verzierte Fragment aus Knochen oder Geweih (leider keine Materialangabe) würde bestens in die Spitze einer Zungennadel passen.
In der Arbeit als Fischer erlebte ich mehrfach das bei einem Brechen von Netznadeln (auch bei modernen Kunststoffnadeln) gerade Bruchstücke dieser Form entstehen. Dieses würde bedeuten, das vermutlich schon in der Bronzezeit die auch heute noch meistgebräuchliche Netznadelform existierte.
Die Gleichmäßigkeit der Maschenweite legt nahe, dass die Netze zumindest im Neolithikum über ein Maßbrett gestrickt wurden. Für die Verwendung der heute noch gebräuchlichen Filetnadel als Netznadel gibt es aber erst seit der Bronzezeit belegbare Nachweise.
Mit der Filetnadel lassen sich auch Garne in ZS- Spinnrichtung verarbeiten. Ich habe mit der Filetnadel bereits mehrere komplette und zum Teil auch sehr feinmaschige (30 mm Maschenweite) Stellnetzblätter aus ZS –Garnen hergestellt.
Der Grund, warum die Netze in Nahal Hemar ausgerechnet in einer Höhle gefunden wurden, ist vermutlich rein praktischer Natur. Sonnenlicht schadet den Flachsfasern , in einer luftigen Höhle trocknen die Netze im nordafrikanischen Klima schnell und schonend, ohne dabei durch direkte Sonneneinstrahlung Schaden zu nehmen.
Eine Imprägnierung der Netze durch catechinhaltige Baumrinde wie Eichenrinde, ist weder in Nahal Hemar, noch bei den erhaltenen neolithischen Funden aus der Bodenseeregion nachweisbar.
Die Verwendung des Filetknotens in der Netzherstellung der Fischerei wird in der Literatur teilweise mit der Einführung des Flachses als Netz und Textilfaser in Verbindung gebracht. Allerdings ist der Schotstek (Filetknoten) durch archäologische Funden aus Nordosteuropa auch bereits aus der Zeit vor der Einführung des Flachses als Faserlieferant nachgewiesen.
Als verwendeter Rohstoff für die Oberleinen von Fischernetzen ist Lindenbast als Rohstoff bekannt, ferner wird es vermutlich auch Oberleinen aus Brennnessel oder später dann auch auch aus dem reissfesten Flachsgarn gegeben haben.
Für die Herstellung von Stellnetzoberleinen kämen auch Ulmenbast, vielleicht sogar Weidenrinde in Frage. In der volkskundlichen Fischerei am Niederrhein wurden Seile aus Weidenrinde in der Prickenfischerei (Meerneunaugenfang) noch etwa bis zur Mitte des 20. Jh. verwendet.
Der reißfeste Flachs ermöglichte die Herstellung von reißfesten Stellnetzen aus feinsten Garn. Stellnetze stehen, mit Schwimmern versehen, wie eine Wand im Wasser Fische nehmen diese Netze nicht als Hindernis, sondern als Wasserpflanzen wahr und verfangen sich in den Netzmaschen, welche aufgrund der verwendeten Filet oder Kreuzknoten nicht nachgeben.
Durch die Maschengrößen lassen sich bestimmte Fischarten gezielt befischen. Nachgewiesene mesolithische Netzfragmente hatten eine Maschenweite von 40-50 mm Netzfragmente des Neolithikums in Hornstaad hatten meist eine Maschenweite von 20-40 mm, ein anderes Fragment hatte die Maschenweite von 65 mm.
Materialien für Netze waren Baumbaste wie zum Beispiel Linde, mit seiner Ausbreitung der reißfeste Leinen und wahrscheinlich auch Fasern der Nessel.
Oft sind von den Fischernetzen, vor allen von den feinen und leicht vergänglichen Stellnetzen nur noch die Stangen zur Fixierung im Wasser, die Schwimmer (Flotten) und die Senkgewichte erhalten
Die erhaltenen und nachgewiesenen Oberleinen der Netze bestanden vor allen aus Lindenbast. Ebenso geeignet wären natürlich auch Ulmenbast oder aus vergleichbaren Baumbast
Netzschwimmer (Flotten)
Netzschwimmer bestanden aus den vielfältigsten Materialien, abhängig von der Art des Netzes und den zur Verfügung stehenden Rohstoffen.
Erhaltene Mesolithische und neolithische Funde von Netzschwimmern bestanden aus Birkenrindenröllchen (z.B:Fundort Friesack Deutschland) durchbohrter oder gekerbter Kiefernborke (Fundort Rothenklempenow Deutschland) oder anderen leichten Hölzern.
In Hohenviecheln fanden sich bei Ausgrabungen als Reste eines mesolithischen Netzes sogar 28 Kiefernborkenschwimmer. Demnach schätze ich, dass dieses Netz oder Netzstück ca. 10 bis 15 Meter lang war.
Netzschwimmer (Flotten) aus Binsen und Rohrkolbenbündeln wird es vermutlich auch gegeben haben, nur sind für solche Teile von Netzen nach Jahrtausenden kaum mehr nachweisbar.
Von meinen älteren Kollegen der Holmer Fischer in Schleswig wurden solche Schwimmer noch bis zur Einführung von Kunststoffflotten bis in die Mitte des 20. Jahrhundert verwendet.
Netzsenker
Es fanden sich flache, gekerbte Kieselsteine, Sandsteinplatten, runde, seitlich zum Anbinden gekerbte Keramikscherben ( häufig im Binnenland bis zum Voralpenraum), in Rinde eingewickelte oder im Weidenring mit Birkenrinde eingeflochtene flache Kiesel,( Antrea, Russland) an der Ostseeküste zudem auch Feuersteine mit fossilen Löchern (so genannte Hühnergötter), welche in der volkskundlichen Fischerei noch im 20. Jahrhundert Verwendung fanden.
Knotenlose Netze
Das älteste, als Fischernetz gedeutete Netzfragment in Deutschland stammt aus Friesack in Brandenburg. Die Datierung dieses Fundes ist etwa 7000 vor Beginn unserer Zeitrechnung. Das knotenlose Netzfragment ist in Schlaufenweise hergestellt , Schlaufenweite 1,5-2 cm. Die Länge des Fragmentes beträgt ca. 40 cm.
Im praktischen Gebrauch in der Fischerei würde ich ein solches Fragment als Teil eines Zugnetzes oder Keschers ansehen.
Für die Stellnetzfischerei wäre diese Technik der Netzherstellung aus meiner Sicht als Berufsfischer überhaupt nicht geeignet. Die gleichzeitig aufgefundenen, einseitigen Fischspeere am Fundort des Netzes in Friesack weisen aber auf einen Zusammenhang mit der Fischerei hin. Natürlich kann ein solches Netz auch als Tragenetz zum Transport erbeuteter Fische verwendet worden sein.
Zugnetze
Im Gegensatz zu dem passiven Stellnetz ist das Zugnetz (oder Wade) ein aktives Fanggerät. Das Zugnetz wird in das tiefere Wasser ausgebracht und von Land oder von einem Boot aus an 2 Leinen in das flachere Wasser eingeholt.
Mit Zugnetzen lassen sich zum Beispiel auch Buchten oder Abschnitte von Gewässern abriegeln und abfischen. Wichtig ist, dass der Grund, über den das Netz gezogen wird, hindernisfrei ist. Zugnetze konnten in der Mitte zwischen 2 geraden Netzflügeln einen Sack oder auch nur eine Wölbung haben. Die Flügel umschließen beim Einholen die Fische, welche sich dann in der Wölbung oder im Sack sammeln
Das Zugnetz sollte tiefer als der damit befischte Gewässerabschnitt sein. Bei einem einfachen Zugnetz, in welchem sich die Fische beim Einholen in der Wölbung fangen, sollte dieses mindestens 50% tiefer als der damit zu befischende Gewässerabschnitt sein. Zugnetze haben engere Maschen als Stellnetze und wurden aus gröberen und stabileren Garn als diese angefertigt.
Trampenfischerei
Eine Technik, auch aktiv mit dem Stellnetz zu fischen, ist die Trampen- oder Scheuchfischerei. Dabei wird ein Stellnetz im tieferen Wasser ausgebracht oder ein ganzer Gewässerabschnitt wird an Engpässen abgesperrt.
Die Fische werden dann mit langen Stangen (Trampen) aus dem Schilf oder einer Bucht in das Stellnetz gescheucht, welches den Fluchtweg versperrt, wo sie sich verfangen. Dazu wird mit den Trampen in das Wasser geschlagen Belege für die Trampenfischerei können Beispielsweise lange Holzstangen mit oder ohne einer aufgesteckten Verdickung oder Holzplatte am Ende im archäologischen Fundgut sein.
Die ältesten Boote
Die ältesten nachweisbaren Boote sind Einbäume und Fellboote. Ein rund 6000 Jahre alter Spant eines Fellbootes aus Rentiergeweih wurde in Husum (Schleswig-Holstein) nachgewiesen. Etwa zeitgleich mit den Netzen in Deutschland taucht in Pesse in der Provinz Drenthe (Niederlande) der älteste in Europa nachgewiesene Einbaum auf. Etwas jünger, auf 6500 vor unserer Zeitrechnung, wird ein 8,5 Meter langer afrikanischer Einbaum aus Nigeria datiert.
Die Längen von Einbäumen konnten je nach dem zur Verfügung stehenden Baumstamm von 3 Metern (Pesse) bis ca.15 Metern betragen Einbäume wurden vor allem aus Eiche, Esche, Ulme und Erle hergestellt. Astansätze in den Bordwänden vieler erhaltener Einbäume zeigen, das oft freistehende Bäume verwendet wurden. Es gab Einbäume mit und ohne Spanten. Spanten fehlen gelegentlich bei den kleineren Einbäumen unter 4 Meter Länge. (z.B.Pesse) Bei den Einbäumen über 4 Meter Länge ließ man aber beim Aushöhlen des Stammes meist mehrere Spanten stehen
Bei einigen Einbäumen wurde statt eines sich verjüngenden Hecks ein Heckspiegel eingesetzt. In der Jungsteinzeit wurden Einbäume dann meist sehr fein gearbeitet, Bordwandstärke 2-3 cm, Bodenstärke 3-5 cm. Die Böden vieler jungsteinzeitlicher Einbäume sind abgeflacht, was die Fahreigenschaften und Stabilität verbessert. Die Breite von Einbäumen variierte zwischen 0,5 bis über einen Meter.
Werkzeuge zum Bau eines Einbaumes waren Äxte, Quer und Hohldechsel, Schaber und Messer aus Stein sowie Spaltkeile aus Holz oder Geweih und die dazugehörigen Holzhammer oder Schlägel. Oft nennt die Literatur auch mit Feuer ausgebrannte Einbäume, worin allerdings fachkompetente Praktiker wie Harm Paulsen, der schon 30 Einbäume nachbaute, keinen Sinn darin sehen.
Ob Einbäume mit Pflegemitteln wie Wurzelteer imprägniert wurden, ist mir aus den mir vorliegenden Fundberichten nicht bekannt. Fortbewegt wurden Einbäume mit Paddeln oder einer Stake (in flacheren Gewässern). Einige Paddel konnten mit Ornamenten sehr kunstvoll verziert sein (Tybrind Vid, Dänemark, Mesolithikum) oder auch nur einfache Gebrauchsgegenstände sein. Nachgewiesene Hölzer für Paddel waren Esche, Eberesche, Kiefer, Weißtanne, Birke
Die ersten Reusen und Fischzäune
Die ältesten erhaltenen Reusen stammen aus dem Mesolithikum. Hauptsächlich bestanden sie aus Weidenruten, gelegentlich auch aus Haselstäben, Hartriegel oder anderen Flechtmaterialien.
Für den Nachweis komplett aus Netz gefertigten Reusen (sogenannte Bundgarne), wie sie heute vor allen in der Fischerei gebräuchlich sind, gibt es aus Litauen für das Neolithikum mögliche Nachweise. Dort fanden sich in Sventoji die Reste von unterschiedloch großen Reusenringen, zum Teil noch mit den Resten von Lindenbast and den Verbindungsenden. Charakteristisch sind die sich verjüngenden Enden dieser rundgebogenen Ringe aus Weidenholz. Die dickeren, leider nicht komplett erhaltenen Holzringe hatten eine Holzstärke von von 3 cm, ein kompletter kleinerer Ring hatte ein Durchmesser von 15 cm. An weiteren möglichen Reusenringfragmenten fand sich noch Bastschnur mit dem Webeleinstek, der das Netztuch an den Holzringen fixierte. Der gleiche Knoten wird auch heute noch in der Fischerei für den selben Zweck verwendet. Kombiniert waren diese Reusen mit Flügeln in Form von hölzenen geflochtenen Leitwehren und steinernen Wehren. Interessant ist noch ein Netzfragment aus knotenlosen Lindenbast, welches an einem der Ringe befestigt war. Die Reusennetze waren mit 20 mm Maschenweite sehr grob.
Buch: „Rimute Rimantine „Die Steinzeitfischer an der Ostseelagune in Litauen“, Litauisches Nationalmuseum, Seiten: 73-76,287, 309, 317, 411- 413.
Mögliche weitere Hinweise auf Netzreusen sind bestimmte Netzfragmente. So gibt es Funde von rundgestrickten Netzfragmenten mit einer Minderung der Maschenzahl (Maschenzahl nimmt zur Spitze eines kegelförmig gestrickten Netzes ab).
Für viele Zeitepochen fehlt der Nachweis von Netzreusen bislang sogar völlig. Erst aus der römischen Kaiserzeit kenne ich das Bild einer Netzreuse zum Vogelfang, das älteste Bild einer Netzreuse zum Fischfang stammt sogar erst aus dem Spätmittelalter des frühen 15. Jh.
Viele geflochtene Reusen sind nur fragmentarisch als Fund vorliegend, so das zwar Aussagen über die Flechtart, nicht aber über die Reusenform gemacht werden können. Zum Teil sind die besser erhaltenen Reusen sehr aufwendig gefertigt.
Oftmals beträgt der Abstand zwischen 2 Stäben des Reusengeflechts gerade einmal wenige Millimeter. Interessant ist, dass die Reusen, welche im Mesolithikum und im Neolithikum verwendet wurden einigen „modernen“ Weidenreusen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast bis in das Detail gleichen. Hier war eine weitere Optimierung dieser aus Holzstäben geflochtenen Fischereigeräte schon seit dem Neolithikum nicht mehr nötig (oder möglich).
Eine Reuse aus dem Schlüsbeker Moor (Ostholstein) erinnert in ihrer Form mit ihrem großen Vorfang an die Buhnenreusen aus der Tidenfischerei an der Nordsee, wenngleich der Fundort Schlüsbeker Moor ein Binnengewässer ist. Großreusen konnten, ohne den dazugehörigen Fischzaun, bereits bis zu 4 m lang sein.
Ab der Jungsteinzeit um 3300 v. Chr (Horgener-Kultur) lassen sich dann erstmals auch im Voralpenland die in Zäunungstechnik gefertigten flaschenförmigen Korbreusen nachweisen (deren ältester Nachweis kommt aus Steckborn-Schanz-Bodenseeraum).
Ein wesentlich jüngerer Fund einer gezäunten Reuse der späten Jungsteinzeit aus Schleswig-Holstein wird im Schleswig-holsteinischen Landesmuseum ausgestellt und datiert auf die Zeit etwa um 2000 v. Chr.
Wie die Buhnen an der Nordsee, war auch die Schlüsbeker Reuse ein Teil eines großen hölzernen, geflochtenen Fischzaunes. Fischzäune wurden z.B. aus Hasel, Weide, Schneeball, Birke oder anderen Hölzern gefertigt Nachweise von Fischzäunen im Mesolithikum sind häufig und erhaltene Reste konnten bis zu 40 Meter lang sein (Oleslyst, DK).
Überhaupt waren viele nachgewiesene Reusen der Abschluss eines oft trichterförmigen Fischzaunes. Die häufigsten Reusen in der Mittel und Jungsteinzeit sind die Kehl- oder Kegelreusen.
Je nach Kehlenöffnung ließen sich unterschiedliche Fische fangen, hatte die Innenkehle nur eine Öffnung von ca. 4 cm , dann handelt es sich um eine Aalreuse, große Reusen mit Innenkehlweiten um 20 cm wurden vor allen zur Fischerei auf Hecht, Barsch und auf karpfenartige Fische verwendet.
In der Reuse von Jonstorp auf Schonen, DK fanden sich die Reste eines 45 cm langen Dorsches.
Die Funktionsweise der Reusen ist, das ein Fisch über einen Zaungeflecht oder ein anderes Hindernis bis hin zur Reuse geleitet wird, durch deren trichterförmige Kehle hineinschwimmt, in der Reuse aber den Einlass der Kehle nicht mehr findet. Entnommen werden die Fische meist am verschlossenen Ende der Reuse.
Angelgeräte
Querangeln
Die ersten paläolithischen Angelgeräte waren Querangeln. Querangeln aus Bein (seltener Horn) wurden in Europa noch bis in das Mittelalter verwandt. Auch gab es voraussichtlich hölzerne Querangeln, welche bei einigen Kulturen auch heute noch verwandt werden.
Eine Querangel ist ein an beiden Seiten zugespitzter Stab (deshalb auch Stabangel genannt), welcher in der Mitte auf verschiedene Weise angebunden wurde.
Häufig wurden Stabangeln zum Hechtfang verwendet, dabei konnten sie bis ca. 14 cm lang sein.Der Stab wurde zum Beispiel in einen toten oder lebenden Köderfisch gesteckt, so das dieser im Fisch verborgen ist. Biss ein Hecht an, so dreht er den Fisch im Maul und schluckt diese vermeintliche Beute den Kopf voran, hinunter.
Beim Anschlagen (Blockieren der ablaufenden Angelleine) stellt sich die Querangel im Maul oder Schlund des Fisches quer und dringt dort ein.
Da Hechte sehr große Fische (manchmal Artgenossen bis hin zur eigenen Größe ) oder gar Wasservögel und Kleinsäuger fressen, stört auch eine große Querangel den Hecht nicht. Hierzu ein Fund aus dem Voralpenland.
Auch Angler der frühen Mittelsteinzeit konnten Pech haben
So verwendete ein Angler eine 45cm große Schleie als Köderfisch. Ein 85 cm langer und rund 4-5 Kilo schwerer Hecht biss an, zerriss die Angelschnur und bohrte sich beim Verenden mit dem Kopf voran in den Grund des Federsees bei Bad Buchau. Anhand der erhaltenen Kopfskelette der Fische und der dazugehörigen Querangel konnten die Fischgrößen und der Vorfall nach rund 10.000 Jahren rekonstruiert werden.
Angelhaken
Im späten Paläoloithikum taucht der Angelhaken in klassischer Form, allerdings noch ohne Widerhaken auf. Zum Anbinden der Angelschnur waren mittelsteinzeitliche Angelhaken am Schaft oft nicht einmal gekerbt. Die ersten Angelhaken mit Widerhaken erscheinen dann im Neolithikum. Zu dieser Zeit hat der Angelhakenschaft dann meist eine Kerbung, Bohrung oder Verdickung zum Anbinden der Angelschnur. Zusätzlich zu den Knochen und Eberzähnen gibt es auch nachgewiesene Angelhaken aus Feuerstein.
Fast alle in Dänemark und Schleswig Holstein gefundenen Angelhaken wurden aus Knochen oder gar aus Eberzähnen hergestellt. Geweih ist für Angelhaken weniger gut geeignet, (Geweih wird im Wasser weich) wurde aber gelegentlich auch verwendet. Brinkhuizen erwähnt niederländische Funde von neolithischen Angelhaken, eindeutig aus Geweih, aus der Zwolse Vaart im Norostpolder und auch auf der Friesischen Seite des Nordostpolders. Beide Haken hatten Widerhaken und waren 9,2, bezw. 11,7 cm groß. Zum Anbinden hatten beide Haken eine Riffelung oder eine Verdickung am Schaft.
Siehe: (Brinkhuizen, 1983,Palaeohistoria, Universität Groningen, Band 25, Seite 36, Fig 42, e + f )
Bei den als Angelhaken publizierten großen Geweihhaken aus mesolithischen Funden im Havelland gehe ich eher davon aus, das diese Schlaghaken waren, welche an einem Holzschaft fixiert waren.
Die Angelhaken des Mesolithikums und Neolithikums variieren in den Größen meist zwischen 2 – 12 cm.
Neolithische Angelhaken wurden bei ihrer Herstellung zuerst gebohrt, wobei die Bohrung auch die innere Biegung des anzufertigenden Angelhakens festlegte. Dann wurde der Haken aus dem Knochen oder der Zahnlamelle um diese Bohrung herum ausgeschnitten. Die Bohrung bildete auch die Unterseite des Widerhakens.
Bei dem aus einer Eberzahnlamelle gefertigten Angelhakenfund aus Wangen-Hinterhorn ist sogar die zugehörige Angelschnur noch erhalten. Diese besteht aus Lindenbast.
Vermutlich wurden auch Angelschnüre aus Ulmenbast, Nesselgarn und Leinen verwendet. Über das übrige Angelgerät lässt sich nur spekulieren Ob die Angelschnüre der Querangeln oder der Angelhaken an eine Angelrute, z.B aus Hasel, an einer Handhaspel oder an einer treibenden „Hechtpuppe“ mit Gabelhaspel montiert waren, lässt sich im Allgemeinen nicht mehr sagen. Auch ob Haken einzeln oder zu mehreren an einer Leine zum Einsatz kamen, ist ebenfalls unklar.
Als Senker für Angelgeräte wurden vermutlich kleinere gekerbte Steine, Keramikscherben, oder im Norden auch gelochte Flintsteine verwandt (ähnlich den nachgewiesenen Netzsenkern). Im Experiment liessen sich kleinere Nachbildungen von Netzflotten aus Borke und Holz erfolgreich als Ersatz für die im Fundgut der mittel- und jungsteinzeitlichen Angelgeräte fehlenden Posen verwenden.